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Das rassistischste Jahr Österreichs und die Folgen für die Bevölkerung

Das rassistischste Jahr Österreichs und die Folgen für die Bevölkerung

2023 gab es in Österreich 1522 antimuslimische Angriffe, hauptsächlich in Wien. Die Dokustelle warnt vor gesellschaftlicher Spaltung und fordert Unterstützung für die Betroffenen.

von Nadin Khalil
30. Mai 2024

Die Dokustelle für Islamfeindlichkeit & antimuslimischer Rassismus hat bei ihrer Pressekonferenz im Jahresbericht gezeigt, dass es seit ihrer Gründung im Jahr 2015 noch nie so viele Attacken gegen Musliminnen und Muslime wie im Jahr 2023 gab. Insgesamt wurden 1522 Fälle verzeichnet, das sind durchschnittlich 4,2 Angriffe pro Tag und 263 mehr Fälle als letztes Jahr. Außerdem hat sich der Rassismus im Alltag und öffentlichen Bereich auf mehr als das Doppelte erhöht. Über 80% der Vorfälle werden aus Wien gemeldet.

1015 Fälle waren Onlinekommentare oder Nachrichten auf Social Media Plattformen. Dies trug sich in Form von Verhetzungen und Hassverbreitung aus. Unter anderem gab es auch Kommentare, die nationalsozialistische Ideologien sympathisierten und vorschlugen.

Tathandlungen die 2023 offline stattfanden | © Dokustelle

Die anderen 500 Fälle, die offline, also im Alltag bzw. persönlich stattfanden trugen sich stark in Form von Ungleichbehandlung und Beleidigungen aus. Außerdem gab es 37 Fälle von Polizeigewalt und 13 Fälle von physischen Übergriffen. Ebenso eine hohe Anzahl von Vandalismus. Besonders unter solch alltäglichem Rassismus leiden, laut Bericht der Dokustelle sichtbare Musliminnen und Muslime. Also beispielsweise Frauen die ein Kopftuch tragen. Wobei laut Angaben die Hälfte der Opfer weibliche Personen sind.

Geschlecht der Opfer | © Dokustelle

Was die Hintergründe sind

Antimuslimischer Rassismus hängt stark von der politischen und medialen Repräsentation von Musliminnen und Muslimen ab. In den Monaten Mai, Oktober, November und Dezember zählt die Dokustelle die meisten Fälle.

Gemeldete Vorfälle nach Monat im Jahr 2023 | © Dokustelle

Seit Oktober 2023 wurden insgesamt mehr Fälle als in den vorherigen Monaten dokumentiert. Das bezieht sich auf die Eskalation des Gaza Kriegs. Die Fälle stiegen in jedem Bereich, vor allem in der Schule ganz stark. Schülerinnen und Schüler wurden zu einer Stellungnahme des Konflikts aufgefordert und Lehrpersonen sollen antipalästinensische und antiarabische Aussagen getätigt haben.

Im Mai beispielsweise wurde die Studie „Effekte des islamischen Religionsunterrichts in Österreich“ von der Universität Wien veröffentlicht. Die Studie kam in Form eines Fragebogens und enthielt Aussagen, denen Jugendliche entweder zustimmen oder nicht zustimmen mussten, wie „Es ist ekelhaft, wenn homosexuelle sich küssen“ oder „Wenn Frauen in der Öffentlichkeit Miniröcke oder freizügige Kleidung tragen, signalisieren sie sexuelle Bereitschaft“ und „Männer sind Schwächlinge, wenn sie keine Gewalt anwenden“. Die Studie sorgte für großes Aufsehen und brachte eine Menge rassistischer Kommentare auf Social-Media Plattformen mit sich.

Rassismus im Bildungsbereich ein gravierendes Problem

Der Antimuslimische Rassismus ist in der Schule nach wie vor ein großes Problem. Im Report der Dokustelle wird von unzähligen Fällen berichtet, in denen sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrerinnen, die ein Kopftuch tragen, auf das Muslim sein reduziert werden. Lehrkräfte sollen laut Fallmeldungen Aussagen wie „Alle Muslime sind Terroristen, weil sie für den Dschihad kämpfen“ getätigt haben. Auch wird berichtet, dass sich muslimische Schülerinnen und Schüler, als sie wegen der obengenannten Studienumfrage aus dem Unterricht geholt wurden um Aussagen, die teils antimuslimisch und rassistisch waren, unwohl gefühlt haben. Carla Amina Baghajati, fordert in einem Interview mit der Dokustelle den Ausbau von Chancengleichheit im Bildungsbereich.

Was bedeutet dieser Anstieg für die Zukunft?

Die Dokustelle warnt vor einer Spaltung der Gesellschaft, welches sich noch weiter ausprägen könnte. Zunächst sind da die Betroffenen, vor allem Frauen, welche aufgrund ihrer Religion attackiert werden und möglicherweise psychische, wenn nicht auch physische Folgen davontragen. Rassistische Angriffe könnten dazu führen, dass Betroffene „neuen“ bzw. „anderen“ Menschen nicht vertrauen und sich eher nur mehr noch in ihren eigenen Kreisen aufhalten. Womöglich entwickeln Betroffene sogar Vorurteile gegenüber Personen, die den Tätern ähnlich sind. Was für die Betroffenen ein Selbstschutzmechanismus ist, ist für die Gesellschaft eine weitere Spaltung.

Wie sieht es mit dem Rassismus gegen andere Minderheiten aus?

Gegen keine andere Minderheit in Österreich, gab es so viele Angriffe und Hass im Jahr 2023 wie gegen Musliminnen und Muslime. Der Antisemitismus ist ebenfalls gestiegen, darüber wurde und wird auch sehr viel berichtet. Die Meldestelle für Antisemitismus verzeichnet 1147 Fälle im Jahr 2023. Nichtsdestotrotz ist jeder Rassistische Angriff, gegen jegliche Minderheitsgruppen immer einer zu viel und nie in Ordnung.

Es ist wichtig zu bedenken, dass hier nur von gemeldeten Fällen gesprochen wird und, dass die Dunkelziffer von solchen Attacken wahrscheinlich noch viel höher liegt.

Die Dokustelle schlägt bei gemeldeten Fällen Handlungsmöglichkeiten vor und bieten eine Beratung für von Rassismus Betroffenen Personen an. Außerdem kann man sich bei Zara.or.at im Falle von Hass im Netz beraten lassen.

Hier geht es zum Antimuslimischen Rassismus Report 2023.


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